In·s·pi·ra·ti·on
/ɪnspiraˈt͜si̯oːn,Inspiratión/
Substantiv, feminin [die]
1.BILDUNGSSPRACHLICH
schöpferischer Einfall, Gedanke; plötzliche Erkenntnis; erhellende Idee, die jemanden, besonders bei einer geistigen Tätigkeit, weiterführt; Erleuchtung, Eingebung
„künstlerische, dichterische, musikalische Inspirationen“
2.BESONDERS MEDIZIN
[ohne Plural]
das Einatmen
(Quelle: Oxford Languages)
Folge 9, November 2023: Inspiration
“Wenn man in einem künstlerischen Beruf arbeitet, ist man doch ständig inspiriert!”
Naaajaaaa…..
Die meiste Zeit verbringe ich mit Organisation, Vorbereitungen, Nachbereitungen, Proben und Üben. Und – traurig aber wahr- das geht manchmal auch ziemlich uninspiriert. Und es kann ganz schnell ganz schön viel werden. Bei mir war das so: Es gibt sooo viele Bereiche, in denen ich arbeite und die mich interessieren! Das ist supertoll- aber jeder dieser Bereiche zieht auch das ganze Drumherum mit sich, und das verbraucht viel Zeit und Energie.
Und bei allem Schönen: ich erwische mich auch immer wieder beim Nörgeln und Hetzen und gehetzt sein und Schimpfen und unzufrieden sein. Wegen Kleinigkeiten. Aber die schaffen es so oft, in den Vordergrund zu treten!
Dann kam letztens meine Tochter (9) strahlend nach dem Klavierspielen auf mich zu: “ Ich fühl mich irgendwie so kribbelig und soo glücklich und ahhh. .. :-)))” Juchhuuh!
Das hat mich zum Nachdenken gebracht:
Wann habe ich dieses kribbelige Gefühl?
Wann hört das Nörgeln und Zweifeln und die Unzufriedenheit auf?
Wenn ich etwas übe, das mich wirklich interessiert. Dann möchte ich gar nicht mehr aufhören.
Wenn ich wirklich eintauche ins Machen und das Denken sein lasse lasse. Und kein Ziel verfolge in dem Moment. Oder wenn ich ein Ziel verfolge, das mir wichtig erscheint und wertvoll.
Wenn ich schreibe oder was aufnehme und es schaffe, nicht zu bewerten. Wenn dann ein geiler Beat dazu kommt und es groovt wie Sau.
Wenn ich mit Menschen musiziere und wir uns in Kleinigkeiten verlieren und die Musik beginnt zu flirren und zu strahlen. Und die Zeit rast und alle vergessen die Pausen und es gibt immer noch eine Frage und noch eine Stelle, die wir unbedingt bearbeiten wollen…
Wenn ich mich bewege. Meinen Körper eintauchen lasse in einen atemberaubenden Groove und ihm so lange folge, bis ich verschwitzt und außer Atem bin und mein ganzes Wesen in einem strahlendes Lächeln verschmilzt.
Wenn ich alltäglichen Tätigkeiten nach gehe und dabei in meinem Kopf (oder auch außen) Musik dazu spielt oder ich einen interessanten Podcast höre, der mich auf neue Gedanken bringt.
Wenn ich schon vor Stunden ins Bett gehen wollte und dann doch noch eine Sache angefangen habe und dann einfach nicht mehr aufhöre. Und irgendwann merke, dass ich schon seit mindestens 2 Stunden eigentlich dringend mal muss…
Wenn ich in alten Fotos krame und in alten Briefen und Erinnerungen und in andere Zeiten meines bisherigen Lebens zurückerinnert werde.
Wenn die Kinder aufgeregt von einer neuen Entdeckung oder Idee übersprudeln und die Begeisterung in ihren Gesichtern steht.
Wenn ich von Menschen umgeben bin, die interessiert in Gedankenwelten in Austausch gehen und man vom einen aufs andere kommt und immer weiter redet, bis der Kopf ganz schwindelig wird und man vor Müdigkeit nicht mehr reden kann.
Wenn ich Workshops gebe oder unterrichte und die Teilnehmenden so wißbegierig sind und immer weiter fragen und ein Licht nach dem anderen aufgeht und wenn sich die Begeisterung auf allen Seiten immer weiter ausbreitet.
Musik machen um des Musik machen willens- ohne “nur “. Üben, entdecken. Exploration. Sich entwickeln lassen und erstaunt beobachten, was da entsteht.
Und mit diesem erstaunten Blick durch den Alltag gehen und zu bemerken, was es alles zu entdecken gibt. In jeder Kleinigkeit. Macht alles besser.
Jede*r von uns kennt das! Warum vergessen wir es immer wieder?
Raum geben
Als ich dieses Gefühl wieder mal bewusst gespürt habe, habe ich beschlossen: mehr davon. Ich will eigentlich gar nichts mehr ohne diesen inneren, inspirierten Antrieb tun.
Dieses ganze Jahr ist davon geprägt. Wie gerufen kam die Möglichkeit, mit Rhiannon zusammen zu arbeiten, zu reisen und mir diese Zeit zu geben.
Ich weiß, wie privilegiert das ist. Und trotzdem und gerade darum habe ich entschieden es zu wagen:
Ich habe mein Gespartes zusammen gekratzt und mich dieser Aufgabe hingegeben. Meiner eigenen Inspiration Raum und Zeit geben und mich ihr ausschließlich widmen.
Und mich nicht mehr nur mit Wie und Was des Musizierens zu beschäftigen, sondern vor allem mit dem Warum.
Mehr Warum
Rhiannon: All the way in
20 Menschen aus der ganzen Welt trafen sich für ein Jahr lang, um miteinander zu improvisieren. Dreimal physisch und dazwischen virtuell- per zoom, whatsapp, Telefon.
Jeden Tag haben wir 5 Stunden Unterricht mit Rhiannon. Wir üben miteinander und voneinander. Musik kreieren, darauf reagieren, Basslinien singen, Rhythmen, Harmonien. Melodien erfinden mit und ohne Sprache oder mit Fantasiesprache. Und dann die andere Ebene: Was hat die Musik mit mir zu tun? Wo kommt die Idee her? Dient sie der Musik? Oder meinem Ego? Höre ich meinen Mitmusiker*innen wirklich zu? Wie schaffe ich es, immer JA zu sagen zu ihnen und zu der Musik, auch wenn ich einen anderen Plan im Kopf hatte? Wie werde ich diese Pläne los, wie die inneren Kritiker?
Es waren musikalische Reisen- aber auch Reisen weit darüber hinaus.
Die Erfahrungen beschreibe ich ganz ausführlich in diesem Blog Post: All The Way In
Hier nur noch dies:
Wirklich JA
Wirklich JA zu sagen zur eigenen Inspiration, zur Freude, zum Spielen mit meinem Instrument, meinem Körper, meinem Wesen- das war eine Entscheidung mit großen Konsequenzen.
Weil dann auch deutlich wird, was alles nicht darunter fällt. Was ich alles ohne innere Freude und Inspiration mache. Die Beweggründe zu hinterfragen: Verpflichtung? Anerkennung? Sicherheit? Mutlosigkeit? Gewohnheit?
Meistens sind es mehrere Gründe. Und auf der anderen Seite: Was inspiriert mich wirklich (s. Liste oben)? Wie kann ich diesen Bereichen mehr Raum geben und mich darauf fokussieren?
JA. Das Leben geht ja so oder so vorbei. Ich will es inspiriert verbringen. Also tue ich jetzt alles Nötige dafür.
Spielerisch ernsthaft zu sein, also mit Spaß und Leichtigkeit etwas Ernsthaftes zu vermitteln, das versuche in in jedem Workshop, in jeder Unterrichtsstunde und es gelingt mir oft gut. Aber ernsthaft spielerisch sein? Das finde ich viel schwerer.
Aber ich bleibe dran:
Hinterfragen, was ich vermeintlich tun muss. Fragen, was ich tun möchte.
Mir Zeit und Raum geben. Ohne zu müssen.
Die Dinge, die ich mache auch dann ganz zu machen. Und nicht oberflächlich möglichst viel.
Inspirare.
Einatmen. Ausatmen. Im Moment.
Alles, was das Leben zu bieten hat und mir und anderen Freude gibt.
Inspiration sich ausbreiten lassen.
Auf alles, was ich tue. Auf all meine Begegnungen.
Sie ist nämlich auch ansteckend 🙂
Und natürlich möchte ich diese Erfahrungen auch allen teilen, die es interessiert.
Wenn Du Lust hast, ernsthaft zu spielen, guck mal hier: Connect & Interact
Wann fühlst Du Dich inspiriert?
Hast Du kürzlich was aussortiert, das Dich zu viel Energie kostet und Dir keine Freude bereitet?
Schreib mir gerne einen Kommentar!
Inspirierte Momente zum Jahresende wünsche ich Euch und mir. Was für eine Reise, dieses Leben 🙂